Ein Rundgang durch die Johanneskirche

Die evangelische Johanneskirche ist eine der größten gotischen Hallenkirchen Thüringens. Das dreischiffige Langhaus wird im Osten von einem einschiffigen Chor weitergeführt, der durch drei Seiten eines Achtecks geschlossen ist. In den Winkeln zwischen Chor und Sei-tenschiffen stehen zwei Türme, die erst 1889/90 ihre heutige gleichförmige spitze Dachform erhielten. Das westliche Mitteljoch liegt zwischen verstärkten, nach außen vorspringenden Mauern und zwei mächtigen Pfeilern, die fast doppelt so stark wie die übrigen Langhauspfeiler sind. Hier sollte sich ursprünglich ein Westturm, der nach neueren Forschungen einheitlich mit dem Langhaus in der vorliegenden Gestalt konzipiert war, erheben.

Die Westfassade umschließt das Hauptportal der Kirche. Sein schräges Gewände schneidet tief in die Mauer ein und schafft damit Raumtiefe für ein eindrucksvolles Tympanon und eine darüberliegende emporenartige Anlage mit Brüstung und einer betenden Christusfigur. Zu den Besonderheiten der Westfassade gehören neben dem Halbrelief der „Heiligen Kümmernis“ und dem großen Maßwerkfester über dem Hauptportal eine Außenkanzel an der Süd-West-Ecke. Der gesamte Außenbau wird von Strebepfeilern umzogen. Ihre Stirnwände sind mit reichhaltig gestalteten Konsolen (z.B. Heringsmännchen), Baldachinen und krabbenbesetzten Fialen geschmückt. Alle Schmuckformen der Südseite wurden in den Jahren 1935 – 39, die Nordseite nach 1990 restauriert und zum Teil erneuert.

Der Eindruck vom Innenraum wird durch die mächtigen Pfeiler und deren rote Farbgebung bestimmt. Der Chor ist um drei Stufen erhöht. Seine lichte Weiträumigkeit steht im Gegensatz zu dem dunkleren, gedrungen wirkenden Langhaus. Bei der 1982 durchgeführten Restaurierung der Kirche wurde der Innenraum nach mittelalterlichen Befunden gestaltet und vermittelt dem heutigen Betrachter einen Eindruck seiner ursprünglichen Farbigkeit. Gleichzeitig wurde im Chorgewölbe unter einem Farbanstrich des 17. Jahrhunderts die Darstellung einer „Himmelswiese“ entdeckt. Aus der Fülle der Blumen und Pflanzen konnten nahezu 80 botanisch bestimmt werden, wodurch sich ein Katalog mittelalterlicher Pflanzensymbolik ergab. Die Veronikakapelle, im Winkel zwischen Chor und Nordturm, wird von einem zierlichen Netzgewölbe überspannt, dass auf Konsolen mit spiralig gedrehten und durchgesteckten Profilen endet.

 

 

Die Ausstattung

Von den fünf Altären, die in einem Inventarverzeichnis von 1417 aufgeführt sind, dezimierte sich der Bestand auf wenige erhalten gebliebene Reste, welche sich heute im Museum in Meiningen befinden. Der Mittelschrein eines spätgotischen Altars, der bis zur letzten Innenrenovierung im Chor der Kirche stand, befindet sich heute wieder an seinem ursprünglichen Aufstellungsort in der Veronikakapelle. Dieser Altar stammt vermutlich aus der Saalfelder Werkstatt des Saalfelder Meisters des Schwarzaer Altars.
Im Inneren der Kirche sind mehrere Grabsteine erhalten, die zum Teil von den beiden alten Saalfelder Friedhöfen stammen. Lokalgeschichtliche Bedeutung hat der Grabstein des 1556 verstorbenen Jacob Kelz, Bürgermeister und Erbauer des Rathauses.
An der Chornordwand befindet sich ein gewebter Wandteppich in Form eines Gedenkbildes oder Epitaphs für den 1574 verstorbenen Ritter Wendel von Gräfendorf. An der Ostwand des südlichen Seitenschiffes ist ein spätgotisches Sandsteinrelief aus der Zeit um 1500 angebracht, welches aus der nach der Reformation zerstörten Marienkapelle vor dem Benediktinerkloster im Norden Saalfelds stammt. Es wurde nach der Renovierung der Johanneskirche im Jahr 1895 an seinen jetzigen Standort verbracht.
Die Chorfenster erzählen vom Leben Jesu und versinnbildlichen damit die großen Feiertage des Kirchenjahres: Weihnachten, Johannestag, Karfreitag und Ostern. Die Fenster stammen aus der großen Umgestaltung der Kirche in den Jahren vor 1900. In jüngster Zeit erhielten alle Fenster nach umfangreicher Sanierung der Bleiverglasung zusätzlich eine Außenschutzverglasung nach einem neu patentierten Verfahren. Vier Fenster in den Seitenschiffen besitzen Glasmalereien aus dem Mittelalter. Sie zeigen im Süden Darstellungen von "Maria, der Himmelskönigin" und "Anna Selbdritt" sowie eine von Engeln getragene Monstranz mit geweihter Hostie. Im Norden sind Johannes der Täufer - der Namensgeber der Kirche - in leuchtend rotem Gewand sowie zwei Bischöfe zu sehen.
Die Orgel auf der Westempore stammt ursprünglich aus dem 18. Jahrhundert. Der Prospekt wurde von Johann-Georg Ziegenspeck, einem Saalfelder Hofmaler, geschaffen. Die Firma Wilhelm Sauer aus Frankfurt/Oder baute 1894 in den vorhandenen Prospekt ein pneumatisches Orgelwerk mit 3.500 Pfeifen in 48 Registern auf drei Manualen und einem Pedal ein. 1993 - 96 wurde die Orgel umfassend restauriert.

Zeittafel der Johanneskirche

1209

Gründung des Vorgängerbaus

um 1380 - 1449

Beginn des Neubaus der Johanneskirche

Die Kirche hat nur ein Notdach

1449 – 1456

Einwölbung des Langhauses durch Baumeister Kretschmar aus Pößneck.

Chorneubau, aber noch keine Einwölbung.

1489

Anbau der Veronika-Kapelle

1514

Vorläufige bauliche Vollendung mit der Wölbung des Chores, unvollendet blieben die oberen Turmpartien, die bis 1890 (!) nur provisorisch abgedeckt waren.

1678

Einbau einer herzoglichen Gruft unter dem Chor

1707 – 1714

Orgelneubau durch Orgelbaumeister Johann Georg Fink aus Saalfeld, Errichtung Fürstenstand, Barockemporen in den Seitenschiffen des Langhauses, Kanzelneubau.

1890 – 1894

Die Osttürme erhalten Spitzhelme. Teile der Westfassade werden ergänzt und stellen die ursprüngliche klare Gliederung wieder her. Alle Fenster erhalten neue Glasmalereien. Reste der mittelalterlichen Chorfenster werden in die Langhausfenster versetzt. Kanzel, Chor- und Schiffgestühl werden im neugotischen Stil ersetzt. Einbau eines neuen Orgelwerks der Firma Sauer aus Frankfurt/Oder unter Beibehaltung des barocken Prospektes.

1935 – 1941

Restaurierung der südlichen Außenfassade, die Steinskulptur des heiligen Georg wird durch eine Kopie ersetzt.

1982

Herstellung der jetzigen inneren Farbfassung der Kirche, Freilegung der Himmelswiese.

Nach 1990

Restaurierung von Nordfassade, Fassade des Hohen Chores, Mittelteil Westfassade und des Mauerwerks beider Türme, neue äußere Schutzverdrahtung,

1998 bis 2000

Restaurierung des Heiligen Grabes

1999 – 2002

Restaurierungsarbeiten an Südfassade und Langhausfenstern, Neudeckung der Turmhelme und des Chordaches.

Seit 2000

Restaurierung der Bleiverglasungen im Hohen Chor

neu: Außenschutzverglasung der Chorfenster.